Donnerstag, 21. Juli 2016

Das neuer Berliner Hundegesetz - tritt teilweise am 22.07.2016 in Kraft

Am 21.07.2016 ist das neue Berliner Hundegesetz im Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin  veröffentlicht worden und tritt mit den dort enthaltenen Teilen am 22.07.2016 in Kraft (über diese Verlinkung ist das Gesetz - GVBl. vom 21.07.2016, ab S. 436 - in den nächsten Wochen einsehbar, hier via Hundehauptstadt Berlin als PDF gefiltert und außerdem wird der Senat es in den kommenden Wochen dann u. a. hier einstellen). EDIT 12.09.2016: Die neue RVO mit der Rasseliste ist nun in Kraft getreten (GVBl. vom 09.09.2016, 72. Jg., Nr. 23, S. 543) und beinhaltet, wie zuletzt verlautbart, noch die Rassen "Pitbull-Terrier", American Staffordshire-Terrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen (zur besseren Lesbarkeit bitte auf das Foto klicken):



Im Gegensatz zu anderen Bundesländern und trotz mehrjährigen Verfahrens, Diskussionen und Auseinandersetzungen zu diesem Gesetz ist es in Berlin leider nicht gelungen, ein letztlich übliches Gesetz im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr "aus einem Guß" auf den Weg zu bringen.

Besonders relevant für "Listenhunde"-Halter sind u. a. die §§ 5, 8, 9, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25 und 32  HundeG Berlin.

Die als gesonderte Rechtsverordnung ausgegliederte  "Rasseliste" soll noch im Laufe des Sommers in Kraft treten und nach letzten Verlautbarungen (siehe u. a. hier unter "1. Berlin") noch die Rassen American Staffordshire Terrier, "Pitbull Terrier" und Bullterrier enthalten: Sie ist nun am 09.09.2016 in Kraft getreten, siehe oben - Edit vom 12.09.2016. Der derzeitige SPD/-CDU-Senat begründet die Ausgliederung der Rasseliste damit, so "flexibler auf Entwicklungen reagieren zu können, wenn sich z. B. neue Rassen als gefährlich erweisen, es müsse dann nicht jedes Mal das Gesetz geändert werden". Dies belegt einmal mehr, dass die derzeitige Mehrheit von CDU- und SPD-Abgeordneten im zuständigen Berliner Rechtsausschuss und Parlament sich jeglichen kynologischen Erkenntnissen und unzähligen fachkundigen Aufklärungsunterfangen (schriftlich, mündlich, medial usw. usf.) verweigert haben und offenbar "felsenfest" weiter daran glauben, es sei bereits die Rasse eines Hundes, die dessen Gefährlichkeit primär bestimme. Tatsächlich wurde in der letzten öffentlichen Ausschußsitzung am 18.05.2016, der wir beiwohnten, insbesondere von CDU-Angehörigen postuliert, "die Rasseliste sei ja letztlich eine Glaubensfrage" und/oder "man müsse Eltern, die Angst um ihre Kinder wegen dieser Hunde haben, doch auch glauben ": Was hat Glaube im Jahr 2016 mit dem Rechtsstaatsprinzip, das bedingt, dass auch Gesetze und Verordnungen auf aktuellen fachlichen Erkenntnissen im jeweiligen Rechts- und Fachgebiet beruhen müssen, zu tun? Es bleibt das Geheimnis jener Abgeordneten. Leider nur durften sie auf einer persönlichen Glaubensbasis über ein Gesetz und eine Verordnung entscheiden.

Was noch an relevanten Änderungen ab dem 22.07.2016  in Kraft tritt oder erst später, hat die Senatsverwaltung für Justiz in dieser PM vom 20.07.2016 und dieser Mitteilung zusammengefasst:

Ob die in jener Mitteilung angesprochene Widerlegung der Gefährlichkeit auch für "Listenhunde" gilt (bzw. wenn ja, ab welcher "Einsitzdauer", welchem Alter u. in welchem Umfang), die schon lange Jahre im Berliner Tierheim einsitzen, weil u. a. steter Maulkorbzwang potentielle Interessenten abhält, wird sich voraussichtlich erst im Zusammenhang mit der noch in Arbeit befindlichen Rechtsverordnung zeigen. Die eMail-Antwort der Senatsverwaltung für Justiz vom 01.06.2016 auf unsere "Bürgerfragen" (Auszug siehe unten) schloss jdf. "regulär" eine MK-Befreiung für Listenhunde aus (Ausnahmen - wie schon bisher - bei tiermedizinischer Indikation, vgl. § 20 Abs. 2 HundeG neu). "Gefährliche Hunde" sind nach § 5 HundG Bln neu nicht nur "Listenhunde. Die Widerlegung der Gefährlichkeit durch Wesenstests für Tierheim-Hunde würde dann i. Ü. - geradezu abstrus anmutend - und selbst wenn eine solche Möglichkeit auch für "Listenhunde" aus dem Tierheim zu begrüßen wäre/ist, erst Recht die Unlogik und Inkonsistenz der Politikerüberlegungen für die Rasseliste und Wesenstests belegen: 

Der "normale" Wesenstest für Listenhunde ist in Berlin letztlich eine Haltungsvoraussetzung, ohne dass er bei Bestehen zur MK-Befreiung führen soll/kann, gleich, wie gut der betreffende Hund sozialisiert ist und dass der Halter seine Sachkunde nachgewiesen hat (und was bereits ein Unding ist). Dies wurde und wird u. a. damit begründet, dass gerade in der Großstadt mit vielen Menschen etc. die Gefahr, die von bestimmten Hunderassen ausgehen würde, eben nur mit einem Maulkorb beherrschbar sei und der Wesenstest ja nie eine Garantie für eine Ungefährlichkeit, da nur eine Momentaufnahme, sein könne (in den Gesetzesbegründungen zum neuen HundeG wird weiterhin auch an der "erhöhten Beißkraft" festgehalten). 

Dagegen soll nun ein Wesenstest (Erinnerung: "Momentaufnahme") einen womöglich durch den jahrelangen Tierheim-Aufenthalt nicht mehr sehr verträglichen bzw. bereits vor dem Tierheim unzureichend sozialisierten "gefährlichen Hund", der erst Recht viel Zeit und Hilfe braucht, "in der Großstadt mit vielen Menschen" (wieder) zurechtzukommen, von der gesetzlichen Gefährlichkeitsunterstellung befreien können. 

Welch ein Wunder - was Wesenstests, gemessen mit zweierlei Maß, einmal nicht können und dann doch wieder können sollen. 

Tatsächlich sind Wesenstests Momentaufnahmen (in Berlin i. Ü. z. T. mehrstündig und an 2 Tagen). Fachkundig und nach modernen kynologischen Erkenntnissen durchgeführt (sprich z. B. nicht mit überholten drakonischen Methoden) - und vor allem das Hund-Halter-Team insgesamt einbeziehend und die Sachkunde des Halters und seinen Umgang mit dem Hund eingehend prüfend, können sie jedoch der wirklich sachverständigen Prüfungsperson viel Einblick gewähren: Und wenn dieser durchgehend positiv ausfällt, sollte und darf es auch überhaupt keine Frage sein, damit u. a. den steten MK-Zwang aufheben zu können, wenn er vor allem auf eine angebliche Rassegefährlichkeit abstellt und was das Mindeste ist/wäre. Ungeachtet dessen, dass Halter-Hund-Überprüfungen (ob diese nun Wesenstest, Hundeführerschein oder Sachkundenachweis heißen), die allein auf den Rasselistengedanken basieren, sowieso hinfällig sind: Die Gefährlichkeit allein / primär bereits an der Rasse eines Hundes festzumachen, ist zigfach kynologisch, wissenschaftlich, empirisch und einmal durch das Universum hin- und zurück widerlegt. Amen.

Hier der oben erwähnte Antwortauszug vom 01.06.2016: 




Über weitere Entwicklungen werden wir u. a. an dieser Stelle berichten.





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